Für Ihre Sicherheit - mit uns im Gespräch
Unter diesem Motto stehen die sogenannten Fernfahrerstammtische mit der Polizei
Der ein oder andere Leser wird schon einmal so eine Vorankündigung in der Tageszeitung oder auch in den sozialen Medien gelesen haben:
"Am Mittwoch ab 18:30 Uhr, findet in den Räumlichkeiten der Rastanlage an der Autobahn der Fernfahrerstammtisch mit der Polizei statt"
Was hat es mit dieser Meldung auf sich, wer steckt dahinter und was ist eigentlich ein Fernfahrerstammtisch mit der Polizei?
Durch die Fernfahrerstammtische soll das Verhältnis zwischen Polizei, anderen Kontrollbehörden und den Lkw-Fahrer/Innen sowie den Unternehmern verbessert werden.
Weiterhin soll überhaupt ein Gesprächsfaden zu den Fahrern und Firmen gefunden werden.
Wie kam die Idee zustande, und was war die Vision?
Mit Beginn des Jahres 2000 setzte Nordrhein-Westfalen setzte als erstes Bundesland Verkehrssicherheitsberater auf Autobahnen ein, um den ständig steigenden Unfallzahlen Einhalt zu gebieten und wirksame Projekte zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zu entwickeln.
Für drei Zielgruppen sollten Präventionsprogramme ausgearbeitet und angeschoben werden:
Diese Vorgabe führte schließlich zur Geburtsstunde der Fernfahrerstammtische. Zwischen Köln und Münster brachten die Polizeihauptkommissare Hermann-Josef Bougé (Autobahnpolizei Köln) und Rainer Bernickel (Autobahnpolizei Münster) die Idee auf den Weg.
Zunächst wurden Kollegen der NRW-Autobahnpolizeien im Bildungszentrum Neuss geschult und gezielt in ihre Aufgaben eingewiesen. Am 07. Juni 2000 kam es dann zur ersten Stammtischveranstaltung in Münster an der A 1.
Dabei blieb es allerdings nicht. Rainer Bernickel trieb das Projekt unermüdlich weiter an und weckte mit zahlreichen Gesprächen nach und nach Interesse in weiteren Bundesländern. Schrittweise schlossen sich Innenministerien, Polizeipräsidien und Autobahndienststellen bundesweit dem Gedanken an
Nun galt es für viele Kollegen vor Ort, dem Projekt Leben einzuhauchen, Strategien zu entwickeln und gesteckte Ziele zu verwirklichen.
Die Gründe für die Einrichtung der Fernfahrerstammtische waren und sind es bis heute:
- Das Gespräch suchen mit den Lkw-Fahrern, die eine ganz wichtige und wesentliche Gruppe unter den Verkehrsteilnehmern darstellen
- Vorbehalte und Ängste gegenüber der Polizei abbauen
- Unternehmer und Verbände mit ins Boot holen, um sicherheitsrelevante Themen zu besprechen und zu kommunizieren
- Den Fahrern die Möglichkeit bieten, ohne Angst begründete Kritik an der Polizei und anderen Kontrollbehörden zu üben
Fernfahrerstammtische in vielen Bundesländern
An eigens ausgewählten Autobahnraststätten wurden Stammtischrunden eingerichtet, wo jeweils am ersten Mittwoch des Monats Polizeibeamte Abendveranstaltungen durchführen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht jeweils ein aktuelles Thema, das von dem Moderator der Polizei vorgetragen wird.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der etwa 2-stündigen Gesprächsrunde ist der unmittelbare Dialog mit den Fahrern und Fahrerinnen. Hierbei kommt es stets zu angeregten Diskussionen, wobei die Fahrer/Innen nicht nur über aktuelle Verkehrsvorschriften aufgeklärt werden, sondern auch viele wichtige Informationen und Erkenntnisse mit auf den Weg nehmen.
Letztendlich ist die Polizei bemüht, Unfallzahlen zu senken und Verkehrsverstößen durch das Fahrpersonal mit oft empfindlichen Bußgeldfolgen durch Aufklärung vorzubeugen; also ein besonderer Service an die Fahrer und Fahrerinnen.
Mitbegründer in den Bundesländern - "Männer der ersten Stunde"
Stellvertretend für zahlreiche Kollegen, die sich in nahezu allen Bundesländern um den Start der Polizei-Fernfahrer-Partnerschaft eingesetzt haben, seien vom Chronisten an dieser Stelle einige genannt:
Josef Ertl (), Klaus Back (Bayern),
Helmut Thran (Schleswig-Holstein)
Martin Hottinger (Sachsen)
Hans Gellermann, Oliver Kues,(Niedersachsen),
Rainer Bernickel (Nordrhein-Westfalen) – 1. Veranstaltung am 07. Juni 2000
Johannes Stoye (Sachsen-Anhalt) - 1. Veranstaltung am 02. Mai 2001
Dirk Wegner (Bremen) – 1. Veranstaltung im September 2002
Jürgen Kraiczy (Thüringen) – 1. Veranstaltung am 05.Februar 2003
Emil Hahner (Hessen) – 1. Veranstaltung am 03. März 2004
Zwischenzeitlich werden auch Stammtische sehr erfolgreich von Frauen aus den Reihen der Polizei geführt
Mit der Anbindung von zwischenzeitlich 6 EU-Staaten mit deren Polizeidienststellen an das Stammtischprogramm hat die Präventionsarbeit eine weitere Steigerung erfahren, und sie unterstreicht deren Wertigkeit. Die EU-Länder Österreich, Tschechien, Belgien, Niederlande, Großbritanien, Norwegen haben sich sukzessive an das Projekt angeschlossen.
Partnerschaften
Neben zahlreichen Fernfahrer/Innen, die als Hauptzielpersonen die Abendveranstaltungen besuchen (die Autobahnpolizei Köln zählte nach 100 Veranstaltungen im Jahr 2011 ca. 4000 Teilnehmer), haben sich zwischenzeitlich zahlreiche Verbände, Behörden und Institutionen angeschlossen und bilden gemeinsam mit der Polizei sogenannte Sicherheitspartnerschaften.
Ein wichtiger Partner der Stammtische ist der Verein „DocStop für Europäer e.V.“ DocStop kümmert sich um eine bessere medizinische Unterwegsversorgung der Berufskraftfahrer und Berufkraftfahrerinnen. Immer wieder werden die bundesweiteren Fernfahrerstammtische durch den Verein in Form von Vorträgen, Infomaterial und gemeinsamen Aktionen untertützt.
Als Netzwerkpartner mit der Polizei sind unter Anderem zu nennen:
Bundesanstalt für Logistik und Mobilität (BALM)
Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF)
Feuerwehren vor Ort
Autobahnmeistereien vor Ort
Allgemeiner Deutscher Automobilclub (ADAC)
Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (BADS)
Deutscher Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein (DEKRA)
Technischer Überwachungsverein (TÜV)
SVG - Straßenverkehrsgenossenschaft
Kraftfahrerinitiative Bewegen mit Herz
örtliche Verkehrswachten
Fahrzeughersteller
Führerscheinstellen und Landkreise
DVR - deutscher Verkehrssicherheitsrat
Docstop für Europäer e.V. - die medizinische Unterwegsversorgung für Lkw-Fahrer/Innen
und viele mehr ....
Sonderprogramme / Sonderaktionen
Zu den klassischen Stammtisch-Abenden mit Themen wie Ladungssicherung und Übermüdung/ Sekundenschlaf agieren die Stammtischteams auch mit Sonderaktionen auf Autohöfen und Raststätten und verbinden Kontrollen mit Aufklärung. Gespräche in Aktionszelten und der Einsatz von Fahrsimulatoren sollen den Fahrer/Innen hier Verkehrssicherheit anschaulich vermitteln.
Die Winteraktionen „Eis und Schnee“ mit der Organisation und Betreuung von zahlreichen Räumstationen zählen alljährlich zu den wichtigsten Maßnahmen der Stammtischteams.
Bundesfachtagungen
Am 11.03.2004 trafen sich in Münster erstmals alle Stammtischmoderatoren der Länder zu einer gemeinsamen Besprechung und einem Erfahrungsaustausch. Zur Premiere waren es 32 Polizeibeamte aus 14 Bundesländern. Zwischenzeitlich findet dieses Jahrestreffen alljährlich, in der Regel in den Herbstmonaten, als Bundes-Fachtagung statt. Als Ausrichter der Veranstaltung fungieren die Teilnehmerländer im Wechsel.
Stimmen zum Fernfahrerstammtisch
Abschließend noch eine Stimme zur Stammtischarbeit – in einem Internetbeitrag sagte Joachim Fehrenkötter, Vorsitzender von DocStop:
„Jeder erzählt von den Dingen, die Ihm am Herzen liegen und hört dem anderen zu. So entsteht ein Austausch, der unglaublich wichtig ist, da hier gegenseitiges Verständnis entsteht"
Denn nur so kann man aufeinander zugehen und zum Wohl der Verkehrssicherheit an den Themen arbeiten, die für den Beruf des Fernfahrers und der Fernfahrerin so wichtig sind. Die Polizei, oft nur als Kontrollorgan gesehen, erscheint dem Kraftfahrer und der Kraftfahrerin plötzlich in einem anderen Licht. Beide machen ihren Job und arbeiten so für meine und die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer. “
Text:
EPHK a.D. Emil Hahner, Hessen
POK'in Andrea Möller, Niedersachsen